Familienstiftungen Paul Wolfgang Merkel und Werner Zeller
 Unsere Familie

Georg Adam Michael VÖLTER

Georg Adam Michael VÖLTER[1]

männlich 1794 - 1873  (79 Jahre)

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  • Name Georg Adam Michael VÖLTER 
    Geburt 18 Feb 1794  Metzingen,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort 
    Geschlecht männlich 
    Tod 05 Apr 1873  Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort 
    Personen-Kennung I42533  Merkel-Zeller
    Zuletzt bearbeitet am 2 Nov 2022 

    Vater Christoph Erhard Michael VÖLTER,   geb. 02 Okt 1772 02 Okt 1773, Metzingen,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 31 Dez 1849, Metzingen,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 76 Jahre) 
    Mutter Christine Regine FLAMM,   geb. 12 Sep 1772, Metzingen,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 11 Dez 1801, Metzingen,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 29 Jahre) 
    Eheschließung 31 Jan 1792  Metzingen,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort 
    Notizen 
    • Stammfolge IX ; STAMMELTERN;
    Familien-Kennung F18388  Familienblatt  |  Familientafel

    Familie Elisabeth Friederike Charlotte HEBSACKER,   geb. 21 Jan 1792, Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 05 Sep 1843, Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 51 Jahre) 
    Eheschließung 16 Sep 1819  Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort 
    Notizen 
    • Völter Sippe 1 I.Grad Nr.1;
    Kinder 
     1. Katherina Friederike Charlotte VÖLTER,   geb. 24 Aug 1820, Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 28 Aug 1843, Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 23 Jahre)
     2. Christian Erhard VÖLTER,   geb. 07 Jan 1822, Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 05 Feb 1827, Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 5 Jahre)
     3. Ferdinand Heinrich VÖLTER,   geb. 12 Nov 1823, Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 1873, Amerika,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 49 Jahre)
     4. Johanne Luise VÖLTER,   geb. 09 Mrz 1826, Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 21 Jun 1889, Maulbronn,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 63 Jahre)
     5. Christian Friedrich VÖLTER,   geb. 27 Aug 1827, Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 06 Mai 1829, Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 1 Jahr)
     6. Karoline Regine VÖLTER,   geb. 24 Jun 1829, Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 03 Jan 1865, Stetten,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 35 Jahre)
     7. Georg Christian VÖLTER,   geb. 03 Feb 1831, Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 17 Mrz 1884, Thun,,BE,Schweiz,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 53 Jahre)
     8. Erhard Friedrich VÖLTER,   geb. 03 Feb 1831, Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 21 Apr 1872, Pforzheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 41 Jahre)
     9. Christiane Sofie VÖLTER,   geb. 27 Jun 1833, Bönnigheim,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ortgest. 02 Dez 1886, Stuttgart,,,,, Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort (Alter 53 Jahre)
    Zuletzt bearbeitet am 25 Apr 2009 
    Familien-Kennung F18667  Familienblatt  |  Familientafel

  • Fotos
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    Völter_Adama, aus Museum Arzney-Küche S.21: Dr. Larissa Leibrock-Plehn, Apothekenalltag im Biedermeier - Die Bönnigheimer Apotheke unter Adam Völter
    93 III 03.004 Adam Völter (1794-1873)
    93 III 03.004 Adam Völter (1794-1873)
    93 III 03.004 Adam Völter (1794-1873); Familienarchiv Werner-Zeller-Stiftung Leonberg

  • Notizen 
    • Völter Sippe 1 I.Grad 1.1;
      Dr. Larissa Leibrock-Plehn, Apothekenalltag im Biedermeier - Die Bönnigheimer Apotheke unter Adam Völter; aus Museum Arzney-Küche S.23:
      Georg Adam Michael Völter wurde am 18. Februar 1794 als ältestes von 20 Kindern im schwäbischen Metzingen geboren; sein Vater war Lehrer an der örtlichen Mädchenschule. Im Alter von 14 Jahren begann er eine Lehre in der Metzinger Apotheke. An die dreijährige Lehrzeit (1808 - 1811) schloss sich eine sechsjährige Gehilfenzeit (1811 - 1817), die er in Tuttlingen und Stuttgart absolvierte. Während seiner Gehilfenzeit freundete sich Völter mit dem gleichaltrigen Heinrich Zeller an, dem Sohn einer alteingesessenen Apothekerfamilie aus Nagold (1794 - 1864). Beide verband ein lebhaftes Interesse an der Botanik. Gemeinsam unternahmen sie zahlreiche Ausflüge in die Umgebung. Schon 1814, im Alter von nur 20 Jahren, wurde Adam Völter vom Stuttgarter Collegium botanicum für das Auffinden von „Butomus umbellatus L." (Wasserviole, Schwanenblume) im Neckar mit dem Ordenskreuz ausgezeichnet.¹
      Wie viele württembergische Apothekergehilfen zog es Adam Völter in die Schweiz. Ob ihn die 1816/17 in Württemberg grassierende Hungersnot aus der Heimat vertrieb, ist ungewiss. Vielleicht war er auch beeinflusst von seinem Freund Zeller, der bereits im Oktober 1816 eine Arbeitsstelle in Solothurn angetreten hatte. Auf jeden Fall finden wir Adam Völter im April 1817 in Lausanne, wo er - inzwischen 23 Jahre alt - beim Conseil de Sante das kantonale Apothekerexamen ablegte. Danach arbeitete er zwei Jahre lang in der Schweiz, zunächst in Lausanne, dann in Vevey bei dem gelehrten Apotheker Jean-Samuel Baup (1791 -1862). Hier konnte er nicht nur seine französischen Sprachkenntnisse vervollständigen, sondern auch die Bergwelt der Alpen mit ihren botanischen Reichtümern erkunden. Gemeinsam mit Heinrich Zeller und anderen württembergischen Gehilfen, etwa dem späteren Stuttgarter Hofapotheker Ludwig August Demmler (1793 - 1868), unternahm Völter ausgedehnte Wanderungen am Genfer See und ins Wallis.² Neben der landschaftlichen Schönheit lag das Augenmerk der jungen Apotheker vor allem auf der Pflanzenwelt. So verwundert es nicht, dass das „Zubringens-Inventar", das später anlässlich von Völters
      [S.22]
      Eheschließung erstellt wurde, etliche botanische Taschenbücher in seinem Besitz verzeichnet, darunter eine Flora von Deutschland, eine "Flora Helvetica" sowie Hahnels "Reisebeschreibung von der Schweiz".
      1819 kehrte Adam Völter nach Württemberg zurück, zunächst nach Lauffen am Neckar. Offenbar beabsichtigte er, sich in seiner schwäbischen Heimat niederzulassen. So traf es sich gut, dass im benachbarten Bönnigheim der alte Apotheker Christian Friedrich Hebsacker (1753 - 1824) in den Ruhestand gehen wollte. Am 26. August 1819 legte Völter in Stuttgart das württembergische Apothekerexamen ab, und noch im selben Jahr - am 16. November - heiratete er Hebsackers einzige Tochter Elisabeth Friederike Charlotte (1792 - 1843).
      [S.23]
      Wie viele seiner Zeitgenossen gelangte Adam Völter durch Einheirat in den Besitz seiner Apotheke - zu jener Zeit ein durchaus probates Mittel. Über die finanziellen Verhältnisse gibt das oben erwähnte .Zubringens-Inventar" Auskunft, das noch heute im Bönnigheimer Stadtarchiv aufbewahrt wird: Die Hälfte des Besitzes an der Apotheke brachte Elisabeth Friederike in die Ehe ein, die andere Hälfte musste der Bräutigam seinem Schwiegervater abkaufen. Beide - sowohl Ehemann als auch Ehefrau - gingen keineswegs mittellos die Ehe ein. Unter den Besitztümern Adam Völters werden neben "Mannskleidern " und Arbeitsgeräten wie etwa einem Mikroskop zahlreiche Bücher, vor allem pharmazeutische Fachliteratur, aufgezählt. Elisabeth Friedrike verfügte über diversen Goldschmuck sowie Bargeld in Form von italienischen, kaiserlichen und schwedischen Dukaten. Zu ihrer Aussteuer gehörten wertvolle Einrichtungsgegenstände und ein Klavier: "Sechs Sessel, Kommoden, ein Pianoforte und 4 porzellan teller mit Landschaften ". Insgesamt wurde das Vermögen der Eheleute mit 1 0.400 Gulden veranschlagt, woraus sich schließen lässt, dass die Familie recht wohlhabend war.³ Es ist anzunehmen, dass die Ehe glücklich wurde. Das Paar bekam zwischen 1820 und 1833 neun Kinder, 4 Mädchen und 5 Jungen. Zwei Söhne starben bereits im Alter von 5 bzw. knapp 2 Jahren. Ein anderer - Georg Christian (1831-1884) - trat später in die Fußstapfen seines Vaters: Er wurde Apotheker in Thun und zeitweilig Außenminister der Schweiz.4
      In Bönnigheim, das damals etwa 2500 Einwohner zählte, wurde Adam Völter rasch heimisch. Er führte seine Apotheke vorbildlich und war stets bestrebt, sie den zeitlichen Erfordernissen anzupassen. Am 13. Juni 1831 erwarb er von Christof Kögels Witwe das an die Apotheke (Kirchstraße 22) angrenzende Wohnhaus samt Scheune. Das Wohnhaus verkaufte er am gleichen Tage wieder. Die Scheune behielt er dagegen mit der Option, nach dem Abbruch dort ein neues Gebäude zu errichten. Dabei sicherte er sich das Ein- und Ausfahrtrecht über den Hof des Nachbargebäudes ebenso zu wie die
      Genehmigung für einen Brunnen. 5
      Völter ließ die Scheune abreißen und errichtete auf dem Grundstück neben der Apotheke ein separates Laborgebäude, in dem Arzneien hergestellt werden konnten. Aus Gründen der Feuersicherheit erhielt der Raum im Erdgeschoss massive Sandsteinmauern und ein Kreuzgratgewölbe, dessen Scheitel in einen Kamin überging. Im oberen Stockwerk war Platz für eine Materialkammer zur Trocknung und Aufbewahrung von Kräutern und Arzneien. Unmittelbar neben dem Labor ließ Völter einen Brunnen anlegen, der das zum Arbeiten nötige Wasser zur Verfügung stellte. Im angrenzenden Garten konnten Heilpflanzen selbst angebaut werden. Das Labor in Bönnigheim erfüllte exakt die baulichen Voraussetzungen, die der Münchner Professor Johann Andreas Buchner in seiner 1827 erschienenen Schrift
      [S.24]
      "Einleitung in die Pharmacie" gefordert hatte: es war - da rundum sandsteingemauert - .feuerfest, gewölbt, hinreichend hoch, hell, geräumig, trocken und mit einem gut ziehenden Rauchfang versehen“6
      Wir dürfen annehmen, dass Adam V ölter sein neues Labor fleißig benutzte. Es wurden nicht nur Medikamente darin zubereitet, sondern auch Forschungen betrieben. Bei den Versammlungen des württembergischen Apothekervereins, der 1822 gegründet worden war, berichtete er zum Beispiel über seine Versuche mit Weinhefe und über die Ausbeute an ätherischen Ölen, die er bei der Destillation verschiedener Pflanzen (Fenchel, Anis, Muskat, Baldrianwurzel u.a.) gewonnen hatte. An anderer Stelle veröffentlichte Völter eine Notiz über den Zusammenhang zwischen dem spezifischen Gewicht von Honig und dessen Haltbarkeit; außerdem stellte er eine neue Pflaster- Streichmaschine vor. Am 22. Juni 1840 präsentierte er den staunenden Kollegen bei der Partikularversammlung des Neckarkreises in Heilbronn noch keimfähigen Samen der exotischen Pflanze Ferula Asa foetida, den er von einem russischen Gesandtschaftsarzt bekommen hatte.7
      Apotheker Völter war in Bönnigheim eine überaus bekannte Persönlichkeit. Obwohl zugezogen, erwarb er sich rasch die Sympathie seiner Mitbürger. Schon bald erhielt er das Bürgerrecht, und 1833 wurde er zum Stadtrat gewählt. Er gehörte zu den Mitbegründern des Gesangsvereins "Concordia". Darüber hinaus zählte er zu den "Vorstehern" der Bönnigheimer "Knaben- Erziehungs-Anstalt für In- und Ausländer". Diese private Schule war 1834 vom evangelischen Diakon Ulrich Hahn (1805 - 1881) gegründet worden und genoss dank der für jene Zeit sehr fortschrittlichen Unterrichtsgestaltung einen hervorragenden Ruf. Schon nach kurzer Zeit zählte die "Knaben- Erziehungsanstalt" 60-70 Schüler. Als das Internat nicht mehr ausreichte, musste ein Teil von ihnen bei Familien in der Stadt untergebracht werden. Als "Vorsteher" kümmerte sich Adam Völter um die wirtschaftlichen und finanziellen Belange der Schule. Er beteiligte sich aber auch an der Lehre, indem er selbst Naturkunde unterrichtete. Seine beiden Söhne Christian und Friedrich besuchten die .Knabenerziehungsanstalt", die durchaus den Zusatz "international" verdiente: Sie beherbergte Schüler aus der Schweiz, aus Frankreich, England, ja sogar aus New York und Ostindien.8
      Nicht nur auf dem Gebiet der Botanik und Chemie, auch auf dem Gebiet der Geologie war Adam Völter ein ausgewiesener Kenner. Bei seinen Wanderungen in der Umgebung entdeckte er im Stubensandstein von Hohenhaslach einen fossilen Fisch. Diesen schenkte er 1861 - als Ruheständler - dem "Verein für vaterländische Naturkunde". Der einzigartig gut erhaltene Fisch ist noch heute im Naturkundemuseum in Stuttgart zu sehen.
      [S.25]
      Im Laufe seines Lebens legte Adam Völter überdies eine umfangreiche Gesteinssammlung an, die so bedeutend war, dass sie nach seinem Tod ins Stuttgarter Mineralien-Kabinett aufgenommen wurde. Dem Bericht eines Nachfahren entnehmen wir, dass es für die Enkel stets eine besondere Freude darstellte, anlässlich der Besuche bei den Großeltern in Bönnigheim in Großvaters Steinsammlung zu stöbern.9
      Einen lebendigen Eindruck vom Alltag im Apothekerhaus vermitteln die Briefe des Lehrlings Wilhelm Vogel (1816 - 1873), der an Ostern 1834 seine Lehre bei Apotheker Völter begann. Die Briefe gelangten auf antiquarischem Weg zu uns und werden heute in der Sammlung des Schwäbischen Schnapsmuseums verwahrt. Vogel entstammte einer angesehenen Familie, die viele bedeutende Männer in Politik und Gewerbe hervorgebracht hatte; sein Vater war Oberbaurat beim württembergischen König. Die Vermittlung der Lehrstelle erfolgte über den Stuttgarter Hofapotheker Carl Ludwig August Demmler, der mit Baurat Vogel befreundet war und seit seiner Jugend - besonders durch die gemeinsamen Jahre in der Schweiz - Kontakte zu Adam Völter pflegte.'? Dem Lehrvertrag entnehmen wir, dass die Lehrzeit aufgrund des für damalige Verhältnisse fortgeschrittenen Alters (18 Jahre) und der guten Vorbildung des Zöglings auf drei Jahre beschränkt wurde; als Lehrgeld wurden 300 Gulden festgesetzt.
      [S.26/27]
      In seinen Briefen an die Eltern beschreibt Vogel lebensnahe Szenen, die hier auszugsweise wiedergegeben werden sollen. So lesen wir, dass eine anstehende Visitation alle Mitglieder des Hausstands in helle Aufregung versetzte. Um die Apotheke ins beste Licht zu rücken, wurden umfangreiche Putzarbeiten angestellt:
      "Herr Völter hat diese Woche vom Besigheimer Apotheker einen Brief erhalten, in welchem er schreibt, daß diesen Monat noch Apotheken Visitation ist. Seither schafft man nur immer fort, um alles aufs Beste u. Schönste herauszuputzen. Ich puzte diese Täge die Materialkammer, wozu ich 5 Tage brauchte u. wobei manches Rattennest aufgestöbert wurde. Abends schreiben wir dann Signaturen mit so blechenen Buchstaben gewöhnlich bis nach 10 Uhr. Heute wurde
      [S.28]
      die Apotheke gepuzt. Es wurde zu diesem Zweke ein Gerüst hereingemacht, auf welches eine Magd hinaufstieg u. nun alle Büchsen, Gläßer u. Häfen herabgab, welche alle ganz sorgfältig von uns von allen Mukenschißen befreit wurden, während die Magd die Wand u. Bretter abwusch. Es dauerte den ganze Tag, und ich finde kaum noch Plaz zum Schreiben dieses Briefs. "(20. November 1834)
      Am 1. Januar 1835 sandte Vogel seiner Familie in Stuttgart Glückwünsche zum Neuen Jahr und erzählte von der Neujahrsnacht:
      "Der Herr Völter erlaubte mir, fortzugehen, und ich trank in der Krone mit ihm gutes Bier [ ... ] Ich blieb auf, nur um die Nachtwächter zu hören, welche hier ganz anders singen als bey euch. Sie gehen nehmlich der Reihe nach zuerst zum Schloß, dann zum Notar, dann zum Stadtschuldheis, dann zu den Stadträthen und so an jedes Haus, und
      [S.29]
      singen einem jeden im Hause ein eigenes Verslein. Dem Herrn Völter sangen Alle:
      Schenk Ihnen langes Leben hier
      Auf daß Ihr ganzes Haus florir
      Vor aller Krankheit sie bewahr
      (Einer) Dieß wünschen wir dem H. Stadtrath Völter zum neuen Jah----r.
      Dann kam die Frau, die Söhne, die Töchter, dann Herr Gottlieb
      Kübler und auch dem Herrn Wilhelm Vogel wurde so gesungen.“11
      Wie damals allgemein üblich war der Lehrling weitgehend ans Haus gebunden. Lediglich am Sonntag hatte er Ausgang, um zur Kirche zu gehen
      [S.30]
      oder einen Spaziergang zu machen. Indessen brachte Apotheker Völter von seinen Ausflügen oft Pflanzen mit nach Hause, die getrocknet und zerkleinert werden mussten. Am 9. April 1835 schrieb Wilhelm Vogel an seine Eltern:
      ,,[ ... ] Auch bey uns ist es so schön Wetter, daß hinter dem Hause ein Aprikosenbaum schon blüht, und daß Alles in den Gärten beschäftigt ist. Zwar kommt es einem um so saurer an, zu Hause zu bleiben, je schöner das Wetter ist, doch bringt uns der Herr Völter immer Pflanzen mit nach Hause, deren es jetzt schon genug gibt, um mit diesen allein beschäftigt zu seyn. Wenn es nächsten Sonntag nicht wieder so schlechtes Wetter wird, wie den lezten, so hoffe ich fort zu dürfen. "
      Regelmäßig wurde Ware bei den Materialisten bestellt. Neben Rohstoffen für die Arzneimittelherstellung lieferten diese auch exotische Gegenstände, welche die Sensationslust befriedigten und im kleinen Städtchen für Aufsehen sorgten:
      "Meine Bestellungen sind alle nach Wunsch ausgefallen. Die Elephantenblase, welche ich auch mit den Materialisten Waaren bestellte, ist eine [ ... ] lederartige Kugel, in welcher ein gewisses Oel aus Amerika zu uns kommt, und welche allem Anschein nach wirklich eine Blase von einem sehr großen Thier ist. Sie ligt in unserer Apotheke, und wann jemand kommt, so wird sie ihm nachgeworfen, wobey sie mit großem Gepolter in der Apotheke herumfährt, und den ersten Tag, da sie gekommen war, habe sie der Herr im Städtle herum getragen. "
      (2. März 1835)
      Auch neue Arbeitsgeräte wurden erprobt und dem staunenden Publikum vorgeführt. So berichtet der Lehrling von Experimenten mit einer neuen "Lampe", die wohl ähnlich wie ein Bunsenbrenner funktionierte:
      "Er [Apotheker Völter] stand heute wie ein Planetenmann und Hexenmeister hinter dem Rezeptirtisch, und hatte ein Dekokt über dieser Lampe, indem er den umher stehenden Leuten das ihnen Unbegreifliche begreiflich zu machen suchte, daß wenn er an dem Schräubchen hin u. her drehte, das einemal das Dekokt schäumend überlaufen wollte, das andere mal aber gehorsam sich in die Tiefe der Dekoktenbüchse hinunter begab. "
      Auffallend ist der freundliche Plauderton, in dem die Briefe verfasst sind. Offenbar fühlte sich Vogel in der Familie seines Lehrherrn wohl und pflegte mit den Hausbewohnern ein nahezu freundschaftliches Verhältnis. In der damaligen Zeit war dies keineswegs selbstverständlich. Während andere Lehrherren ihre Lehrlinge oft als billige Arbeitskräfte missbrauchten12, achtete Adam Völter darauf, dass Vogel sich auch theoretisch weiterbildete.
      [S.31]
      Dazu stellte er seine Fachbibliothek zur Verfügung. Um diese auf dem laufenden zu halten, wurden immer wieder Neuerscheinungen hinzugekauft. Neben Pharmazeutischem enthalten die Briefe auch nette Schilderungen vom Hauswesen der Völters. Gelegentlich wurden Gäste eingeladen, besonders Schüler und Lehrer der .Knabenerziehungsanstalt", an der Völter unterrichtete. Wahrscheinlich genoss es der Hausherr, bei solchen Anlässen seine in der Schweiz erworbenen Französischkenntnisse zu pflegen. Dabei sorgte die Frau des Apothekers für musikalische Unterhaltung:
      "Die Franzosen wurden eingeladen [ ... ] u. ein Institutlehrer. Wie es gewöhnlich bey solchen Gelegenheiten der Fall ist, begann man mit Eßen, u. hörte mit Eßen auf, aber dann kam etwas, das man nicht alle Tage hören kann (gottlob), denn alsdann wurde das Pianoforte aufs Tapet gebracht, und die Frau gab uns ein Conzert. Sie war ihrer Zeit eine sehr gute Spielerin, ist jetzt etwas außer der Übung [ ... ] Sie sang ein langes Solo, in welchem die hohen Töne entweder ganz weg blieben oder hie u. da durch einen mühsam erzwungenen und deßwegen nicht richtigem Ton ange[ ... ] wurden. Dazu versagte auch das Klavier, der alte Diener, manchmal und wie ist es anders möglich bey einem so einstimmigen harmonischen Orchester, als daß wir diesen Abend
      [S.32]
      den schönsten nennen könnten. Die Franzosen mußten, nach ihrer angeborenen Galanterie sich zu beiden Seiten der Künstlerin gestellt, die Lippen verbeißen. Noch wurde auserdem mit Chorbegleitung das Lied "Herz mein Herz warum so traurig" und etwas volltöniger als die andern gesungen, und dann schied man spät auseinander ins Bett. " (26. März 1835)
      Wilhelm Vogel, dessen Zeilen uns heute noch anrühren, blieb in der Pharmazie keineswegs ein unbeschriebenes Blatt. Nach dem mit "vorzüglich" bestandenen Examen übernahm er in Zürich die berühmte Apotheke "zum oberen Hammerstein" und zählte zu den Gründern des Schweizer Apothekervereins. Sein großes Fachwissen und seine vielseitige Bildung wurden allseits gelobt. Die Ausbildung, die Vogel während seiner Lehrzeit bei Apotheker Völter in Bönnigheim erhalten hatte, bildete also die Grundlage für ein vielseitiges, gelungenes Apothekerleben.13
      Leider blieb die Idylle der Völter'schen Apotheke und seiner Familie nicht dauerhaft ungetrübt. 1843 starben kurz nacheinander Völters älteste Tochter und seine Ehefrau an einer schweren (Infektions-) Erkrankung." Die jüngsten Kinder - die Zwillinge Georg Christian und Erhard Friedrich sowie Nesthäkchen Christiane - waren zu diesem Zeitpunkt erst 10 bzw. 12 Jahre alt. Dies war ein schwerer Schicksalsschlag für Adam Völter. Wie sehr er an Frau und Tochter hing, zeigt ein Büchlein, das er unter dem Titel "Denkmal der Liebe" in der Schnell'schen Druckerei in Heilbronn drucken ließ. Wir lesen darin über seine Frau Elisabeth Friederike Charlotte:
      "Mit rastlosem Eifer sorgte sie nicht nur for die Ordnung ihres Hauswesens, für die Bedürfnisse ihrer Familie ( ... ), sondern es war ihr besonders auch am Herzen gelegen, ihre Kinder ( ... ) zu nützlicher Thätigkeit anzuhalten und zu brauchbaren Menschen heranzubilden. ( ... ) Ihr Haus war nicht bloß für Verwandte und Angehörige, sondern auch für Freunde und Bekannte ein lieber Aufenthaltsort ".15
      Der Verlust von Frau und Tochter nahm Adam Völter einen großen Teil seiner Energie. Schon im Todesjahr 1843 suchte er einen Verwalter für die Apotheke und fand diesen in Karl Ludwig Rommel (1817 - 1884). Im Alter wird Adam Völter als "sehr streng" beschrieben. Mit seinem begabten Sohn Georg Christian (1831 - 1884) kam er nicht zurecht. Christian sollte eine Apothekerlehre machen, rebellierte jedoch gegen die patriarchalische Strenge seines Vaters, erhielt Prügel und floh schließlich aus dem Haus. In Friedrichshafen vollendete Christian seine Apothekerlehre und ging dann in die Schweiz, wo er Hauptmann der Artillerie wurde und in eine begüterte Familie einheiratete. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere wurde Christian Völter Apotheker in Thun und Außenminister der Schweiz. Nach dem gesell-
      [S.33]
      schaftlichen Aufstieg versöhnten sich Vater und Sohn." Auch Ferdinand (geb. 1823), der Älteste, kehrte dem Vater den Rücken: Er ging nach Amerika, wo er 1873 verstarb. Tochter Johanne Luise (1826 - 1889) indes blieb in der Nähe: Sie heiratete 1847 den Oberamts-Wundarzt Dr. Karl Haasis und lebte fortan mit ihrer Familie in Maulbronn.17
      1847 kaufte Karl Ludwig Rommel die Apotheke und verlegte sie ein Jahr später in das heutige Gebäude (Kirchstraße 2). Adam Völter lebte noch viele Jahre als Privatgelehrter in Bönnigheim bis zu seinem Tod im April 1873. Er wurde 79 Jahre alt - für damalige Verhältnisse ein erstaunlich hohes Alter.
      Das 1831 errichtete Laborgebäude mit den massiven Sandsteinmauern und dem Kreuzgratgewölbe überstand - in unterschiedlicher Nutzung - die Zeitläufte. Seine ursprüngliche Bestimmung wurde 1988 wieder entdeckt. Auf Betreiben der Historischen Gesellschaft wurde das kleine Haus saniert und beherbergt seit 2002 das Museum .Arzney-Küche". Wahrscheinlich handelt es sich um das einzige Apothekenlabor des 19. Jahrhunderts, das in Baden- Württemberg original erhalten blieb. So lädt die ehemalige Wirkungsstätte von Adam Völter noch heute zur Besichtigung ein.18
      Quellen:
      Stadtarchiv Metzingen: Bestand N2/4, Nachlass Adam Völter (1794-1873).
      Stadtarchiv Bönnigheim: Akte A 3303 a, .Zubringens-Inventarium".
      Stadtarchiv Bönnigheim: Auszug aus dem Servitutenbuch. Bd. II.
      Pfarrarchiv Bönnigheim: Familienregister.III,623a
      Sammlung Schwäbisches Schnapsmuseum, Bönnigheim:
      Aufzeichnungen von Walter Hölzle, Königsfeld (Baden), 1969
      Lehrvertrag für Wilhelm Vogel, 30. Juni 1834
      Briefe des Lehrlings Wilhelm Vogel, 1834 - 1836.
      Für die Übertragung der Briefe ins heutige Deutsch dankt die Autorin sehr herzlich Herrn Otfried Kies, Hausen.
      Alle Bilder stammen, wenn nicht anders angegeben, aus dem Besitz der Sammlung Schwäbisches Schnapsmuseum, Bönnigheim.
      Zitate:
      1 Zu Völter vgl. Fleck, Egid: Die Bönnigheimer Apotheke. In: Kurz/ Sartorius/ Holbein/ Gerlinger: Die wechselvolle Geschichte einer Ganerbenstadt. Bönnigheim 1984, S. 366ff. u. Wankmüller, Armin: Verzeichnis der in Stuttgart von 1762 - 1839 geprüften Apotheker. In: Beiträge zur württembergischen Apothekengeschichte. Bd, IV (1958), S. 57 - 64. Zu Zeller vgl. Hein, Wolfgang-Hagen u. Holm-Dietrnar Schwarz (Hrsg.): Deutsche Apotheker
      [S.34
      Biographie. Bd.2. Stuttgart 1978, S. 773-774.
      2 Vgl. Lehmann, Ernst: Schwäbische Apotheker und Apothekergeschlechterin ihrer Beziehung zur Botanik. Stuttgart 1951, S. 37-38.
      3 Zubringens-Inventarium", Stadtarchiv Bönnigheim, Akte A 3303 a.
      4 Vgl. Pfarrarchiv Bönnigheim sowie Fähndrich, Gisela Judith: Völterbuch 2005. Hrsg. v. Wolfgang Völter. Tübingen 2005.
      5 Stadtarchiv Bönnigheim, Auszug aus dem Servitutenbuch. Bd. II Blatt 18, S. 92 bis 94.
      6 Zur Entdeckung des Laborgebäudes vgl. Kenter, Wolfgang: Haus Kirchstrasse 22. Untersuchungen. In: Ganerbenblätter 11 (1988), S. 18-32 und Sartorius, Kurt: Zur Geschichte des Apothekenlaboratoriums. In: Ebda, S. 33-39.
      7 Vgl. Verhandlungen des Pharrnaceutischen Vereins in Württemberg, 1823 - 1840.
      8 Diakon Christoph Ulrich Hahn (1805 - 1881) - ein Neffe des schwäbischen Pietisten Philipp Matthäus Hahn (1739 - 1790) - hatte nach dem Studium in Tübingen als Lehrer an dem seinerzeit berühmten Privatinstitut des calvinistischen Pädagogen Jean Gaudin in Lausanne gearbeitet. 1829 begann Ulrich Hahn seine Tätigkeit im württembergischen Kirchendienst; 1833 wurde er zum Diakon in Bönnigheim ernannt. Schon ein Jahr später gründete er die internationale "Knaben-Erziehungs-Anstalt" nach dem Vorbild des Lausanner Instituts. Sie existierte bis 1853. Vgl. Vierteljahrshefte des Zabergäu-Vereins (März 1903), S. 1-10, sowie Kurz! Sartorius! Holbeinl GerIinger (s. Anm. 1), S. 297-299.
      9 Aufzeichnungen von Walter Hölzle, Königsfeld (Baden), 1969. Sammlung Schwäbisches Schnapsmuseum, Bönnigheim.
      10 Vgl. Brief von Baurat Vogel an Apotheker Völter v. 7. Juni 1834. Sammlung Schwäbisches Schnapsmuseum, Bönnigheim.
      11 Carl Gottlieb Kübler aus Oberderdingen (1816 - 1892) war vier Jahre lang Lehrling in der Bönnigheimer Apotheke; 1842 legte er in Stuttgart das Apothekerexamen ab. Vgl. Beiträge zur württembergischen Apothekengeschichte. Bd. 7 (1965), S. 59.
      12 Siehe hierzu z. B. die Autobiographie des Hamburger Apothekers Theodor Hasche (1799-1876), der 1815 seine Lehrzeit begann; vgl. Friedrich, Christoph (Hrsg.): Apotheker erinnern sich. Eschborn 2007, S. 31-40.
      13 Vgl. Dobler, Friedrich: Vogel, Johann Friedrich Wilhelm. In: Ledermann, Francois (Hrsg.): Schweizer Apotheker-Biographie. Festschrift zum 150jährigen Bestehen des Schweizerischen Apothekervereins. Bern 1993, S. 350.
      14 „Gar bald wurde sie von einem Schleimjieber ergriffen, das in ein Nervenfieber überging". Lebensabriss zum Andenken an E. F. C. Völter. Stadtarchiv Metzingen: Bestand N2/4. Nachlass Adam Völter (1794 - 1873).
      15 Stadtarchiv Metzingen (s. Anm. 14).
      16 Aufzeichnungen von Walter Hölzle, Königsfeld (Baden), 1969. Vgl. Völter-Buch (s. AnmA), S. 104.
      17 Vgl. Völter-Buch (s. Anm. 4), S. 93.
      18 Zur Einrichtung des Museums vgl. Sartorius, Kurt: Museum .Arzney-Küche". Der Weg zum Museum. In: Ganerbenblätter 26 (2003), S. 5 - 15.
      [S.35]

  • Quellen 
    1. Völter S. 86 + 93; Leibrock-Plehn, Bönnigheimer Apotheke;.